Sonntag, 24. Mai 2015

Ein Jahr vergeht wie ein Moment ~ Adel Tawil

24.05.15, 16:28, Spring Creek
Morgen sind wir seit 9 Monaten unterwegs, das Jahr ist fast vorbei. Unglaublich wie schnell die Zeit vergeht, es kommt mir vor als wäre der Flug erst gestern gewesen, und dabei ist so viel passiert. Noch nie konnte ich mich an so viele Einzelheiten eines Jahres erinnern, das ist total merkwürdig. Jetzt ist Vici nur noch 12 Tage hier, das können wir alle gar nicht fassen und wollen es auch nicht. 9 Monate lang haben wir ununterbrochen Tag und Nacht zusammen verbracht, wissen inzwischen alles voneinander und würden uns blind vertrauen. Jetzt wo unsere gemeinsamen Tage gezählt sind können wir nicht aufhören über unsere Abenteuer zu reden, über die Leute die wir kennengelernt haben, über die Orte die wir gesehen haben. Vermutlich werden wir wenn wir zu Hause sind einander mehr vermissen als Neuseeland selbst. Aber es wird auch komisch wieder fest an einem Ort zu wohnen, nicht dauernd vom Schicksal überrascht zu werden und umplanen zu müssen und nicht mehr jeden Tag neue Leute zu treffen.
Aber trotzdem bin ich froh, dass es bald nach Hause geht, es gibt so viele Dinge (und Leute) auf die ich mich freue. (Vor allem auf einen vernünftigen Augenarzt, damit ich mein Kopfschmerzproblem endlich lösen kann. Das Gesundheitssystem hier lasst zu wünschen übrig, es gibt hier meistens keine spezialisierten Ärzte sondern nur Allgemeinmediziner. Und die wissen dann nur von allem ein bisschen, also im Prinzip gar nichts. Außerdem wird man immer hin und her geschickt und muss selbst Beratung ohne Untersuchung selbst bezahlen. Das ist zumindest unsere Erfahrung)

Jetzt haben wir endlich Arbeit! Letzten Dienstag sollten wir ja eigentlich auf einer Vinreyard anfangen, am Montag wurde uns aber mal wieder gesagt, dass es sich doch noch verzögert. Wir haben uns natürlich wieder mächtig aufgeregt, aber am Abend kam die Hostelbesitzerin (Rae) zu uns und meinte sie hätte jetzt einen Job für uns, in einem Gewächshaus. Dort ging es dann am nächsten Morgen schon los, wir drei und ein ziemlich netter Australier namens "Michael Moody" (wir feiern diesen Namen). Es gibt dort zwei große Gewächshäuser für Erdbeeren, diese machen wir nun sauber, und bereiten sie auf die Aussaat vor, die direkt im Anschluss beginnt. Erst haben wir das Unkraut gejätet dass dort Überfall gesichert hat, und dann die Saatbänke geschrubbt, ein ziemlich entspannter Job. Wir sind sehr froh, dass wir drinnen sind, es ist inzwischen ziemlich kalt. Unser Arbeitgeber heißt Ian und ist sehr nett. In unserem Pausenraum gibt es eine Mikrowelle, Toaster und kostenlosen Kaffee, ein richtiger Luxus. Aber ab und zu kommt er plötzlich an und meint wir wären zu langsam, obwohl wir uns schon total beeilen. Hoffentlich behalten wir diesen Job jetzt wirklich mal für drei Wochen, nicht dass wieder irgendetwas dazwischen kommt.
In unserem Hostel fühlen wir uns nun ziemlich wohl. Am Wochenende sind wir mit einigen Leuten aus dem Hostel ausgegangen (Theresa (belgisch), Boris (belgisch), Max (deutsch), Matt (Hostelmanager, englisch), Michael, Simone (deutsch), Rae (neuseeländisch)) und es war wie immer extrem lustig. Natürlich waren Hotelbesitzerin und Manager am betrunkensten :D Alles sehr nette Leute mit denen wir unsere Zeit außerhalb der Arbeit verbringen.
Das Wochenende war sehr entspannt, morgen geht es wieder los. Aber das ist der erste Job zu dem ich fast schon gerne gehe, weil wir einfach so lange auf Arbeit gewartet haben und die Arbeitsverhältnisse nun wirklich entspannt sind. Ian ist eigentlich nie da, wir können die ganze Zeit laut Radio hören und und reden beim Arbeiten ziemlich viel Blödsinn, da vergeht die Zeit schnell.

Seit Freitag kommen noch zwei Leute mit zu unserer Arbeit, ein Paar aus Israel. Die sind etwas merkwürdig aber eigentlich ganz nett. Samstag haben Chrissy und ich mal wieder Gitarre gespielt (machen wir alle paar Tage mal, und erweitern unser inzwischen auch zweistimmigen Repertoire) und die beiden haben uns ein riesiges Album voller Akkorde gegeben und sich dann mit einer Ukulele, Trommel und Rassel dazu gesetzt und gefragt ob sie mit jammen dürfen. Die beiden haben mich sehr an Sebi und Ilario aus Hastings erinnert. Sie kiffen genau so viel, kochen auch wenn dann nur nachts und haben dieselbe musikalische Begabung. Hippies halt.

Es war auf jeden Fall richtig cool, Chrissy kann "Oh Susannah" auf ihrer Mundharmonika spielen, ich hab Gitarre gespielt und Gesungen, und die Frau hat die zweite Stimme gesungen und Ukulele gespielt, der Mann gerasselt und getrommelt. Ein richtiges Orchester.
Und das haben wir mit vielen Liedern gemacht die wir sonst so spielen: The Rose, Halleluja, All of me, Have you ever Seen the rain, say something, With or without you, thinking out loud, riptide, happy ending,... Noch etwas das ich zu Hause vermissen werde: Man muss sich nur mit einer Gitarre nach draußen setzen und spielen, schon kommt jeder der irgendetwas davon versteht (oder auch nicht) dazu, will auch mal spielen, holt eigene Instrumente, singt einfach mit oder hört zu, niemandem ist das peinlich. Die Leute hier, nicht nur die Neuseeländer, auch die Backpackerr, sind einfach viel offener. Es wird auch niemand ausgegrenzt, wenn es den Plan gibt auszugehen, werden alle gefragt ob sie mitkommen wollen, egal ob man je mit der Person gesprochen hat und sie sympathisch findet oder nicht. Man muss sich schon ziemlich daneben benehmen um außen vor zu bleiben.

Es ist inzwischen ja ganz schön kalt, manchmal nur fünf Grad. In unserem Zimmer ist es nachts eiskalt, deshalb schlafe ich nur noch mit meiner neu erworbenen Wärmflasche. Heute hat aber endlich mal wieder die Sonne geschrieben, und wie das hier so ist hatten wir dann auch gleich wieder 17 Grad. Also bin ich mal wieder ein paar Stunden durch die Umgebung gewandert. Es gibt hier überall außerhalb der großen Städte Naturschutzgebiete, wenn man ein bisschen läuft. Dort gibt es zwar meistens nach kurzer Zeit keine richtigen Wege mehr, aber man kommt trotzdem ganz gut voran. Das ist toll hier, egal wo man langläuft, man findet früher oder später immer einen Trampelpfad der zu irgendeinem schönen Platz führt. Und dass selbst wenn man nur an der Landstraße entlang geht.
Heute habe ich einen wunderschönen Fluss entdeckt, dort lag ich über eine Stunde mit den Füßen im Wasser (ja, so warm war es) in der Sonne. Das Leben ist schön!

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