Sonntag, 3. Mai 2015

Far beneath the bitter snow ~ Bette Midler

03.05.15, 19:04, Christchurch
Die Fahrt nach Christchurch hat bei uns allen kontroverse Gefühle hervorgerufen: Auf der einen Seite waren wir aufgeregt, die nächste große Stadt erwartete uns. Aber auf der anderen Seite war es unsere letzte gemeinsame Fahrt, Christchurch war als letzte Station unserer Reise geplant. Vici fliegt in 5 Wochen nach Hause, Chrissy zwei Wochen später, und ich bin dann noch einen Monat allein unterwegs, bis meine Familie kommt. Ich bin also noch drei Monate hier, aber unsere gemeinsame Zeit hat den Großteil des Jahres ausgemacht und wir bilden inzwischen zu dritt so eine Einheit, dass sich noch niemand von uns vorstellen kann in ein paar Wochen Abschied zu nehmen. Wir haben zwar schon Pläne für ein Wiedersehen in Deutschland gemacht aber das ist ja etwas ganz anderes als sich ein Jahr lang rund um die Uhr zu sehen, immer aufeinander angewiesen zu sein, alle schönen und traurigen Momente zu teilen. Ich hätte mir auf jeden Fall keine besseren Reisebegleiter wünschen können als die beiden.

Nach einigen Momenten konnten wir uns aber nicht mehr länger in Gedanken und Erinnerungen schwelgen weil sich vor uns plötzlich eine undurchdringbare Nebelwand aufgebaut hat. In Dunedin war der Himmel noch strahlend blau gewesen und von einer Sekunde auf die nächste konnten wir nach vorne noch 20 Meter weit sehen und zur Seite nicht mal 10 Meter. Wir dachten erst es wäre Rauch, weil der Nebel so plötzlich kam und so dicht war, und die Autos vor uns haben zum Teil auf dem Seitenstreifen gehalten weil man wirklich nichts mehr gesehen hat, da konnten auch Nebelschlussleuchten nichts ausrichten. Wir sind aber einfach weiter gefahren, ab und zu hat sich der Nebel ein bisschen gelichtet und dann war er genauso schnell verschwunden wie er aufgetaucht ist, und der Himmel war wieder wolkenlos. Sehr mysteriös.
Nach ein paar Stunden Fahrt haben wir an einem Strand (Moreaki Beach) gehalten, der als einer der interessantesten Strände der Welt gilt. Leider war das Wetter nicht allzu gut, aber cool war es dort trotzdem: ünerall am Strand liegen große Steine, die kugelrund sind, als ob jemand an ihnen herum geschliffen hätte.

Nach sechs stündiger Fahrt haben wir endlich Christchurch erreicht. Wir haben gehört, dass Christchurch die englischste Stadt Neuseelands sein soll, und tatsächlich sieht man hier viele der berühmten Doppelhaushälften. Ansonsten ist Christchurch aber nur eins: kaputt. Dass die Stadt ziemlich unter dem letzten Erdbeben vor fünf Jahren gelitten hat wussten wir, aber das es so extrem ist hätte ich nicht erwartet, es sind ja wie gesagt schon fünf Jahre vergangen. Die Stadt ist eine einzige Baustelle, von den Gebäuden in der Innenstadt gibt es kaum eins, dass nicht eingefallen ist. Wohin man blickt sieht man Bauzäune, Hütchen, Löcher im Asphalt. Wenn man mit dem Auto unterwegs ist dauert jede Strecke doppelt so lang weil man immer irgendeine Umleitung nehmen muss, Spuren gesperrt sind, man nur in eine Richtung abbiegen kann,... Da ist ziemlich nervig. Und die Stadt ist so groß, dass man zu Fuß nirgendwo hin kommt.

Unser Hostel ist leider etwas außerhalb vom City Centre, aber es ist sehr schön. Unser Zimmer liegt nicht bei den anderen Zimmern sondern in einem seperaten Bau. Dort gibt es nur ein Zimmer, in dem anderen sind jede Nacht andere Leute. Hier haben wir eine eigene Küche, ein Bad und ein sehr gemütliches Wohnzimmer mit Fernseher, Sesseln und Sofa. So müssen wir uns nicht in den stets unerfüllten Gemeinschaftsraum quetschen und haben unsere Ruhe.

Die Jobsuche war leider alles andere als erfolgreich. Wir sind zu allen Arbeitsagenturen in der Stadt gefahren, es gibt ungefähr 10. Und überall wurde uns das gleiche gesagt, das sie vor allem auf Bauarbeiten spezialisiert sind, und das sei nichts für Mädels. Ziemlicher Schwachsinn, denn es gibt zB auch einen Job, bei dem man mit einem Stop/Go Schild den Verkehr regelt und den ganzen Tag nichts anderes macht als das Schild umzudrehen. Und generell ist das Ganze ziemlich sexistisch. Als ob es keine starken Frauen gibt.
Einige Agencies sind auf Fabrikarbeit spezialisiert, aber selbst da meinten sie nur, wir könnten ja mal unsere Handynummer hinterlassen, aber wahrscheinlich wäre es nicht, dass es etwas für uns gibt. Das alles hat uns ziemlich aufgeregt, wir haben noch Überfall im Internet nach Jobangeboten gesucht, nicht nur in Christchurch sondern auf der ganzen Südinsel, aber irgendwie gibt es im Moment nirgendwo so wirklich Arbeit. Dann haben wir über legt, zumindest irgendwo für freie Unterkunft und Verpflegung zu arbeiten (Woofing nennt man das) und das bieten fast alle Hostels an. Man macht dann so ca 2 Stunden am Tag Betten, putzt, räumt auf oder sitzt an der Rezeption und darf dafür umsonst dort wohnen. Ich habe alle Hostels in den Städten Dunedin, Christchurch, Queenstown und Wanaka angerufen, mit null Ergebnissen, überall haben sie schon Woofer die langfristig bleiben.
Chrissy hat ein Woofing Buch, da stehen hunderte von neuseeländischen Farmen drin, die woofer aufnehmen, und dort alle einen kleinen Text für verfasst haben, wie viele Leute sie aufnehmen, was für Arbeit man machen soll, wie die Unterkunft ist. Auch dort habe ich nochmal 12 Emails hin verschickt, bisher habe ich vier Absagen. Ich habe auch schonmal nach Farmen mit Pferden geguckt, für meine Zeit allein. Ich hoffe zwei oder drei Wochen woofen zu können, und dann noch eine Woche reisen. Allzu viel gibt es auf der Südinsel auch nicht mehr zu sehen, wir waren ja schon an sehr vielen Stellen.
Also bisher sind wir immer noch planlos, und hoffen dass sich bald endlich was ergibt. Wir wollen uns ja eine schöne gemeinsame Abschlusszeit machen und nicht nur die Zeit bis dahin absitzen und versuchen so wenig Geld wie möglich auszugeben.

Heute haben wir etwas gemacht, was ziemlich weit oben auf unserer Neuseeland Prioritätenliste stand: Einen echten Kiwi sehen!
Die Vögel sind nachtaktiv und verstecken sich zum schlafen im Unterholz, deshalb ist das gar nicht mal so einfach. Natürlich wird das in diversen Tierparks trotzdem möglich gemacht. In dem Wildlife Park wo wir waren gab es nicht nur Kiwis sondern auch viele andere Vögel, Esel, Schweine, Pferde, Schafe, Lamas, Affen,... wie man das aus deutschen Zoos kennt. Aber fast nur mit einheimischen Tieren.
Kiwis gab es in einem innen und einem Außengehege. Die im Außengehege haben sich aber zu gut versteckt, wir haben dort keinen gesehen. Im Innengehege wird mit künstlichem Licht Nacht simuliert, und wenn es Nacht ist und eh keine Besucher da sind ist es dort hell und die Kiwis schlafen. Es war erst sehr schwierig irgendetwas zu erkennen, es gab nur ein paar gedämpfte Lampen mit orangenem und grünen Licht. Das Gehege war sehr schön und groß, sogar mit künstlichen Geräuschen. Die Kiwis (sechs Stück) hat man immer mal wieder schnell irgendwo langhuschen sehen, gfliegen können sie nicht. Manche sind immer wieder an den Zäunen entlang gerannrt, offenbar war es ihnen doch zu eng. Sie sehen wirklich sehr niedlich aus, mit ihrem buschigen Gefieder und dem langem Schnabel. Es war wirklich ein tolles Erlebnis. (Fotos durfte man leider nicht machen, weil der Blitz die Kiwis erschreckt hätte und ohne hätte man nichts erkennen können) Auch ansonsten hat uns der Park gut gefallen, aber im Hühnergehege lag ein totes Huhn, offenbar schon eine ganze Weile, da hatte wohl keiner Lust sich drum zu kümmern.

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